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Neue Schule: Lernen 3.0 – Die Alemannenschule 

Neue Schule: Lernen 3.0 

Es gibt sie, die Beispiele gelungener Schulen! Und das an einer staatlichen Schule, in Deutschland. Deutscher Schulpreis 2019! Wir wollen mehr davon!

Eine beunruhigend andere Schule! Im Mittelpunkt »Die Freude am Lernen«! Die Alemannenschule, Wutöschingen, setzt sich zum Ziel, jedem Lernpartner einen individuellen Lernweg zu ermöglichen.

1a) Die Schule ersetzt das “7-G-Modell“: Alle 

gleichaltrigen Kinder sollen beim 

gleichen Lehrer mit dem 

gleichen Lehrmittel im 

gleichen Tempo das 

gleiche Ziel zur 

gleichen Zeit 

gleich gut erreichen

 

durch ein “V-8-Begleitung“: Auf 

vielfältigen Wegen mit 

vielfältigen Menschen an 

vielfältigen Orten zu 

vielfältigsten Zeiten mit 

vielfältigen Materialen in 

vielfältigen Schritten mit 

vielfältigen Ideen in 

vielfältigen Rhythmen zu gemeinsamen Zielen kommen.

 

1b) Von den 670 Schülern lernen heute viele von zuhause aus, diese Möglichkeit gab es schon vor Corona. Ein Schulgebäude soll wie ein zuhause sein, daher die Hausschuhe…

Schulleiter, Stefan Ruppaner: “Wir haben keine Klassen, keine Klassenzimmer, keine Klassenlehrer, keine Klassenarbeiten, keine Hausaufgaben.“ Stattdessen setzen sie auf Selbstständigkeit, da lernen die Kinder wie sie wollen, zusammen, alleine, im Stehen, oder rauf Sofas.

„Normale Schule“ gibt’s hier auch, aber der „Input“ Dauer 10 – 20 Min. max. und ist freiwillig. Das hat den riesen Vorteil, dass der Lehrer nur mit Lernpartnern zu tun hat, die was wissen wollen!

Es gibt sog. Kompetenzraster, besteht der Schüler den Mindeststandard, darf er weiter machen, Haben die Kinder eine Kompetenz kapiert, machen sie einen Gelingensnachweis, dann geht’s zur nächsten Kompetenz. Klingt kompliziert? Dafür gibt es Einzelcoachings, der Lehrer betreut 14 Schüler, diese Coachings gibts 1 mal die Woche über 20 Minuten.

Jeder Schüler beginnt als Starter, und kann bis zum Lernprofi aufsteigen. Lernprofis können (auch in nicht Coronazeiten) zu Hause lernen. Dabei hilft jeder Lernprofi einem anderen Lernpartner seine Ziele zu erreichen. Oder Mathesprechstunden = Nachhilfe für andere Schüler.

Quelle: Galileo
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1c) “Der Lehrer ist das Backup, wenn es unter uns nicht mehr klappt”. Lehrer Umlauf: “Die Alemannenschule setzt auf selbstständiges Lernen, das wird in der Oberstufe fortgeführt. Normalerweise haben wir den Bruch zwischen Mittel- und Oberstufe, weil das Lernen in den unteren Stufen sehr stark angeleitet ist”.

“Ich muss Sinn bieten, wenn ich Leistung will“ sagt, Peter Fratton (Schulgründer und Berater, St. Gallen): “Der Leistungsbegriff ist stark belastet. Ich glaube, Leistung ist eine gute Form der Persönlichkeitsstärkung, dieses schöne Gefühl etwas erreicht zu haben, was ich mir am Anfang gar nicht zugetraut habe. Wenn ich es nicht geschafft habe, sollte der Lernbegleiter da sein, der mich unterstützen kann. Wir sollten die Kinder nie um die Leistung betrügen, aber wir sollten auch respektieren, ich muss Sinn bieten, wenn ich Leistung will.“ Wenn ich keinen Sinn sehen, kommen diese ganzen Sachen mit dem Notendruck, und braucht man das, muss man das für die Prüfung können? Wenn ja, lerne ich, wenn nein, brauche ich das nicht können… Erst wenn es gelingt, dass ich mit dem Inhalt eins werde, wenn ich erkenne, das hat etwas mit mir zu tun, erst dann kann ich Leistung bringen, ohne dass jemand von außen drückt.“ (…) “Viele Lehrer haben Angst die Kontrolle zu verlieren, und schauen Sie sich diese Schule an, das ist absolut ungeeignet für Kontrolle!

Valentin Helling, Lernbegleiter: Schule kommt von lateinisch schola / Muße. Wo ist Zeit, Muße an unseren Schulen? In der großen Struktur geht es im 45 Minuten Takt, nächstes Thema… Wo soll da eine Explosion, ein Austoben stattfinden können von einem Kind? Das müssen wir strukturell festlegen. Und wir werden damit leben müssen, dass nicht jedes Kind das exakt gleiche durchgearbeitet hat, mit den gleichen Ergebnissen. (…) Wir wollen eine Struktur bieten wo Kinder autonom arbeiten können, und wir sehen, dass viele Kinder das können. Manche müssen wir an der Hand nehmen und jeden Schritt miteinander gehen. In dieser Bandbreite haben wir alles.

Schulleiter, Stefan Ruppaner: “Wir können erstaunlich viele in die Aufwärtsspirale kriegen. Wir haben unser System umgestellt, ohne auf die Leistung zu schauen. Und siehe da, unser erster Jahrgang hatte in Deutsch, Englisch, Mathe, enorm gute Ergebnisse, weit oberhalb des Durchschnitts des Landes! Wir haben dies Ergebnisse im sechsten Jahr, vor allen Dingen im Lesen. Es liegt am System. Beim selbstverantwortlichen Lernen müssen die Kinder die Materialien selber holen, am Ordner lesen wo was drinsteht, die Anweisungen lesen, es ist keiner da, der mal vorliest. Ich muss Sinn entnehmend lesen, damit ich weiß, was ich zu tun habe.“ (…)

“Die Digitalisierung ist ein Werkzeug, das mir die Freiheiten gibt Sachen zu tun, die ich vor nicht tun konnte. Dieses Werkzeug sollte man beherrschen. Dieses Werkzeug wird ein Schüler, wenn er von der Schule geht, noch viele Jahre verwenden. Wei oft er noch mit dem Füller schreibt, weiß niemand, aber mit digitalen Medien muss er in Zukunft umgehen können. Und zwar reflektiert, nicht oberflächlich, und wer, wenn nicht die Schule, kann so was Grund legen?”

„Ein Lernvirus aus Wutöschingen“ Quelle: Ein Film von Reinhard Kahl/Vimeo
Das ganze Video sehen

 

1d) Räumliches Konzept, der eigene Schreibtisch, der zum individuellen Raum wird. Den ganzen Beitrag im Video

      Medien Erziehung ist für uns eine Selbstverständlichkeit! Ein iPad 1:1 (die iPads mieten die Eltern von der Schule) und die Entwicklung der Lernplattform DiLern, sprechen für sich.

Medienpädagoge Valentin Helling: “Für das Lernen an sich brauchen wir keine digitalen Medien, denn wir Menschen sind auch nicht digital. Aber die Gesellschaft, die Welt die uns umgibt, ist digital, das ist für mich der Grund das in der Schule auch zu implementieren.  Schüler: Wir haben Tablets, die ganzen Bücher sind auch auf dem iPad, viel einfacher digital.

Wir stellen fest, nach einem halben Jahr, dass die Kinder sehen, ich kann eigene Inhalte erstellen. Nach einem halben Jahr flacht die gesellschaftlich tradierte Nutzung (Spiele, soziale Medien, Konsum) total ab, und die Kurve des produktiven Erstellens von Inhalten steigt rapide an.

Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, dass Kinder Lust haben, Bock haben, mit Medien zu arbeiten, ganz individuell, das ist unser Ziel.”
Den ganzen Beitrag im Audio hören

 

1e) Gut vorbereitet auch beim Corona shutdown. “Die Digitalisierung wird erst dann ihr Potential voll entfalten, wenn sich die Pädagogik grundlegend verändert.“ so der Lernbegleiter Valentin Helling

Im Mittelpunkt »Die Freude kam Lernen« Tanja Schöler, Lernbegleiterin: Ich glaube, die meiste Umgewöhnung braucht der Lehrer. Man muss lernen, den Kindern zu vertrauen, die Dinge aus der Hand zu geben, das fällt den meisten Lehrern am schwersten. Diese ‚Sicherheit‘ ich habe alle Fäden in der Hand, das loszulassen und Vertrauen zu schenken in die Fähigkeit der Kinder, das es gelingt!

Valentin Helling, Lernbegleiter, Medienbeauftragter: “Lehrerweiterbildung findet bei uns im Haus statt, 30 min dauern die Workshops, kontinuierliches Lernen auch für uns.“ (…) “Wenn wir immer noch in den veralteten Strukturen denken, und die 1:1 ins Digitale übersetzen, also um 8:15h Videokonferenz Mathe und dann sitzen 30 Kinder vor dem Computer, dann ist das nicht der große Wurf. So kann die Digitalisierung ihr Potential nicht ansatzweise entfalten. Das passiert nur, wenn die Pädagogik sich grundlegend ändert.

Schulleiter Stefan Ruppaner, zeigt, wie sich die Pädagogik verändert hat. Schulleiter vieler Schulen, aus dem In- und Ausland interessieren sich: ‚Vorbildlich’ sagt einer der Schulleiter. Ruppaner: “Das System wäre problemlos überall in Deutschland umzusetzen. Die Kosten sind eben nicht höher, im Gegenteil, wir ziehen mehr Schüler an, die Kosten verringern sich, wir sparen Geld. Einer der Gründe, es müssen kaum noch Bücher gekauft werden. Fast alle Inhalte liegen digital vor. Stefan Ruppaner krempelt mit seinem Modell die deutsche Bildungslandschaft um. Wenn diese Kinder jeden Tag gerne in die Schule kommen, dann haben wir erreicht, was wir erreichen wollten.” Und das ist an dieser Schule der Fall. 

Kein einheitlicher Stundenplan? Gegen viele Widerstände hat Schulleiter Stefan Ruppaner, in den letzten 10 Jahren sein Konzept verwirklicht.

Schulleiter Stefan Ruppaner: „Wir machen es für die Endnutzer, das sind die Schülerinnen und Schüler, für die muss das Lernen optimal sein. Dann tun wir das Richtige für unsere Gesellschaft, dann erfüllen wir die Lernpläne, und das, was unser Staat von uns will, nämlich gut gebildete Kinder. Was muss ich tun, damit das Kind optimal lernen kann, dann muss es manchmal etwas unkonventionell sein.”

Die DiLer-Plattform (für digitale Lernumgebung) ist die eigene Schulsoftware. Prüfungen für alle gibt es nicht mehr, ersetzt werden diese durch individuelle Tests.

Quelle: Zwischen Wald und WLAN, in der ZDF Mediathek,
von Alexandra Hostert und Norman Laryea, plan b

Mehr zur Alemannenschule

Das Buch zur Alemannenschule:

Schule auf dem Weg zur personalisierten Lernumgebung – Modelle neuen Lehrens und Lernens –
Von den wichtigsten theoretischen Grundlagen ausgehend, beschreibt dieses Buch, die zentralen Elemente der Schulentwicklung an der Alemannenschule Wutöschingen.
Es enthält zudem eine Vielzahl an Vorlagen, die Lehrer_innen und Schulleitungen auf dem Weg der Gestaltung einer schülerorientierten Lernumgebung unterstützen.

Retibne – Bewahren statt wegschmeißen. Wenn Kinder und Jugendliche merken, dass sie etwas können, steigen die Selbstkonzepte (was ich über mich denke) enorm. Jeder freut sich, wenn er/sie etwas reparieren kann.
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Photo by Ben White on Unsplash

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