Im Fokus: das Kinderschutzkonzept als pädagogische Grundhaltung – von Janine Beier-Seifert

 

Jede Kita darf sich auf den Weg machen und sich die Frage stellen: Liegt unser Schutzkonzept in der Schublade oder befinden wir uns aktiv in dem Prozess, den Kinderschutz als pädagogische Grundhaltung zu etablieren?

Grundlage eines Schutzkonzeptes ist die professionelle pädagogische Haltung, die präventiv gegen Gewalt auf allen Ebenen sorgt. Die Kita wird dadurch ein sicherer Raum für alle Beteiligten – für die Kinder, für das Team und für die Eltern. Durch die Umsetzung und die Einnahme einer gewalt-sensitiven Haltung wird die Qualität der Arbeit und der ganzen Kita gesichert.

Alle pädagogischen Handlungen basieren auf Beziehungskompetenz und der bedürfnisorientierten Pädagogik. Nach Deci & Ryan werden die „Human Basic Needs“ , die grundlegenden psychologischen Grundbedürfnisse, definiert. Die Autonomieerfahrung, das Kompetenzerleben und die soziale Eingebundenheit sind die seelischen Bedürfnisse, die, wenn sie erfüllt sind, die wichtigste Grundlage für eine gesunde Entwicklung der Kinder darstellen. Ganz wichtig: Diese drei Grundbedürfnisse sind nicht nur für die Kinder unabdingbar um optimale Bedingungen zu schaffen, sondern auch für die Erwachsenen. Wenn sich pädagogische Fachkräfte zugehörig zu einem Team fühlen, sich mit ihren Kompetenzen einbringen können und dabei Autonomieerfahrungen machen dürfen, sind das ideale Voraussetzungen für eine gelingende Teamarbeit. Wenn sich Fachkräfte wohl fühlen, wirkt sich das automatisch positiv auf die Arbeit mit dem Kind aus und Kinder sind somit weniger Grenzverletzungen ausgesetzt.

Die Kultur der Achtsamkeit hält wie ein Dach die Institution Kita zusammen. So, wie die Menschen dort mit sich selbst und miteinander umgehen, hat das einen großen Einfluss auf die gesamte Atmosphäre der Einrichtung. Deshalb ist es wichtig, Selbstreflexion und Reflexionseinheiten im Team zu etablieren. Fragen könnten sein:

  • Wie sieht ein achtsamer Umgang mit mir selbst aus?
  • Wie zeigt sich eine gelebte Kultur der Achtsamkeit in unserer Arbeit?
  • Wie können wir offen über Missgeschicke, Versäumnisse und Fehler sprechen, um daraus zu lernen?

Die vier Werte nach Jesper Juul können hier eine begleitende Hilfestellung sein – allen voran die Gleichwürdigkeit: Immer auf Augenhöhe bleiben mit der Grundhaltung „Ich bin ok – Du bist ok“. Authentizität, Integrität und Verantwortung als weitere Werte, die das Miteinander erleichtern können und Gewalt verhindern.

Verantwortung zu übernehmen heißt, für sich selbst und sein Handeln Verantwortung wahrzunehmen, außerdem die soziale Verantwortung nicht aus den Augen zu verlieren. Vor allem im professionellen pädagogischen Bereich ist eine Team- und Kritikfähigkeit eine Schlüsselkompetenz, die mit der sozialen Verantwortung gleichzusetzen ist. Dazu zählt auch die Beziehungskompetenz.

→ Wie werden Beziehungen mit den Kindern und den Erwachsenen gestaltet?

→ Ist die pädagogische Fachkraft imstande, Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen, Verantwortung dafür zu übernehmen, also nicht die Schuld am Gegenüber zu suchen?

All diese Faktoren, die die Grundhaltung auszeichnen, können und sollten im Schutzkonzept thematisiert werden. Das Team sollte sich außerdem im Klaren darüber sein, was Kinder benötigen, um sich gesund zu entwickeln, d.h. auch das eine Fachkompetenz bzgl. der kindlichen Entwicklung, vor allem der sozial-emotionalen Entwicklung vorhanden ist. Interessant wäre hier, dass sich das Team mit seiner eigenen sozial-emotionalen Kompetenz auseinandersetzt. Da sie reflektieren, wie sie mit ihren eigenen Gefühlen umgehen, werden z.B. die primären und sekundären Emotionen von Kindern ernst genommen und dementsprechend begleitet.

Einen allgemeinen Überblick über die Inhalte des Schutzkonzeptes (Quelle: Eigene Darstellung)

Ein ganz wichtiger Teil des Schutzkonzeptes sollte es sein, den Umgang mit herausfordernden Situationen zu reflektieren und die Erkenntnisse schlussendlich festzuhalten, die als gleichwürdige Verhaltensleitlinien gesehen werden können. Je nach Bedarf und Prozess werden diese immer wieder reflektiert und angepasst. Verhaltensleitlinien sind nur dann sinnvoll, wenn eine gemeinsame Haltung angestrebt wird und der Prozess zusammen gestaltet wurde. Nur so kann über Unstimmigkeiten, Ängste und Sorgen im Vorfeld gesprochen werden.

Welche Möglichkeiten hat das Team, welche Absprachen findet es, wenn es Herausforderungen gibt? Was kann man gemeinsam tun, damit es leichter wird?

Herausgeforderte Kinder sind Grenzverletzungen viel häufiger ausgesetzt. Das macht es erforderlich, dass Erwachsene hier eine besondere Verantwortung für den Schutz dieser Kinder übernehmen, und gleichzeitig auch für sich selbst Sorge tragen, im Sinne der Eigenverantwortung.

Profil von Janine Beier-Seifert
familylab Familienberaterin & Seminarleiterin
Kita Zertifizierung
Fachkraft für Kinderschutz
Dozentin und Referentin im Kita Bereich
www.janine-beier-seifert.de

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